07.02.2019 – A. Arbeiter

Vortrag von Prof. Dr. Achim Arbeiter (Göttingen)

Das Madrider Theodosiusmissorium – so eloquent, so verschwiegen

Das Madrider Theodosiusmissorium – so eloquent, so verschwiegen Das im späten 4. Jh. entstandene silberne 'Missorium des Theodosius', gefunden 1847 südlich von Mérida, aufbewahrt in der Madrider Real Academia de la Historia, gelangte einst als ein kapitaler kaiserlicher Geschenkteller nach Hispanien. Sein Ansehen als das beachtlichste und 'erhabenste' Einzelstück schlechthin im heutigen Gesamtbestand der spätantiken Silbertoreutik erwächst ihm sowohl aus seiner schieren materiellen Eindrücklichkeit – der Durchmesser beträgt 74 cm, das Gewicht mehr als 15 kg – als auch aus der hoch zeremoniellen Würde der auf ihm gegebenen kaiserlichen Ikonographie. Geradezu emblematisch bemüht man seit jeher diese enorme reliefierte Silberplatte, um fundamentale Züge der durch und durch formalisierten spätantiken Herrschaftsikonographie zu veranschaulichen. Die auf ein Regierungsjubiläum des Theodosius bezogene Inschrift und das Drei-Kaiser-Bild mit dem nachdrücklich hervorgehobenen Jubilar im Zentrum wollen selbstredend eine festumrissene historische Situation widerspiegeln – aber welche? Darüber hat die Forschung wiederholt und teils hingebungsvoll diskutiert: Kaum war die Frage '388 oder 421?' zugunsten des seit jeher vermuteten älteren Theodosius erledigt, da erhob sich die Frage '388 oder 393?', welche zwar den Letztgenannten als Hauptperson voraussetzte, aber für die gezeigten Begleitkaiser ganz unterschiedliche Namen bereithielt. Diese Debatte ist nach wie vor aktuell, und der Vortrag will hier Gesichtspunkte ausbreiten und Möglichkeiten abwägen.

Prof. Dr. Achim Arbeiter: Studium der Kunstgeschichte, Mittleren und Neueren Geschichte und Völkerkunde in Mainz (1977-79) und Hamburg (1979-83). Dissertation über Alt-St. Peter in Rom. Langfristige Arbeitsaufenthalte am DAI Madrid, zuletzt bis 1996 als Referent für Frühchristliche Archäologie. 1990 halbjährige Tätigkeit am DAI Rom (Mosaiken von S. Costanza). 1991-92 Reisestipendium des DAI. 1996/1997 Lehraufträge in Saarbrücken. 1997 Habilitation in Basel (Die Mosaiken von S. Costanza). 1998 Professur für Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte in Göttingen. 2004-2008 Vorsitz der AG Christliche Archäologie zur Erforschung spätantiker, frühmittelalterlicher und byzantinischer Kultur.

Auswahlliteratur: A. Delgado, Memoria histórico-crítica sobre el gran disco de Theodosio … leída a la Real Academia … por su anticuario Don A. D. …, Madrid 1849; J. Arce, El missorium de Teodosio I: precisiones y observaciones, Archivo esp. de Arq. 49, 1976, 119-139; J. M. C. Toynbee u. K. S. Painter, Silver Picture Plates of Late Antiquity: A.D. 300 to 700, Archaeologia 108, 1986, 15-65; J. Meischner, Das Missorium des Theodosius in Madrid, Jahrbuch des DAI 111, 1996, 389-432; J. Arce, Teodosio I sigue siendo Teodosio I, Archivo esp. de Arq. 71, 1998, 169-179; El Disco de Teodosio (hg. von M. Almagro-Gorbea u. a.), Madrid 2000 [hier A. M. Canto mit Umdatierung]; A. Effenberger, Das Theodosius-Missorium von 388. … , in: Novum Millennium. Studies on Byzantine History and Culture Dedicated to Paul Speck (hg. von C. Sode u. S. Takács), Aldershot u. a. 2001, 97-108; J. M. Blázquez Martínez u. L. Gasperini, Ancora sul «Disco di Teodosio» e il suo apparato epigrafico, in: Epigrafia 2006. Atti della XIVe Rencontre sur l’Épigraphie ... (hg. von M. L. Caldelli, G. L. Gregori u. S. Orlandi), Roma 2008, 1243-1261; M. Beyeler, Geschenke des Kaisers. …, Berlin 2011; G. Purpura, Il linguaggio precettivo delle immagini e il cd. Missorium di Teodosio: Annali del Seminario Giuridico della Università di Palermo 59, 2016, 85-100.