Von Hütten und Palästen.
Wohnen im byzantinischen Kleinasien
Mittwoch, 16. November 2015, 18:15 Uhr
Hörsaal Kunstgeschichte (02 521),
Georg Forster-Gebäude (Campus), Jakob-Welder-Weg 12
Die Weltgesundheitsorganisation definiert „Wohnen“ als die Verbindung von Wohnunterkunft, Zuhause, unmittelbarem Wohnumfeld und Nachbarschaft. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, das auch im byzantinischen Reich befriedigt werden musste.
In gängigen Handbüchern wird noch ausgeführt, dass „The early Byzantine city… represents the last phase of the Graeco-Roman city and together with its orthogonal grid kept in use and maintained large monumental secular buildings of public life” (The Oxford Handbook of Byzantine Studies, S. 373). Mit dem Bau der ersten Kirchen wird erstmalig mit dem rechtwinkligen System von Straßen gebrochen, öffentliche Plätze und Gebäude verändern sich.
Untersuchungen von frühbyzantinischen Städten und Gebäuden in Kleinasien wie Sardis, Assos und anderen zeigen aber auf, dass Veränderungen schon früher, ab dem 4. Jahrhundert n. Chr. beginnen. Stadtviertel werden ungeordnet angelegt, die Häuser sind aus einfachen Baumaterialen, in der Regel Steine mit Erdmörtel unter Verwendung von Spolien, erbaut worden. Die Refugien der gehobenen Klasse und die Episkopeia der Bischöfe wurden mit vielen Räumen, apsidialen Hallen, Triklinien und Atrien palastähnlich gestaltet. Wohnbauten der unteren und mittleren Bevölkerungsschichten wurden dagegen sehr einfach ausgeführt und nur funktional unter Verwendung der antiken Vorgängerarchitektur errichtet. Häufig bestehen sie nur aus einigen Räumen ohne weitere oder nur einfachen Installationen. Typische Wohnviertel sind mit Straßen, Wegen und Plätzen ausgestattet, neben Wohnhäusern finden sich Läden, Kirchen, Zisternen und Brunnen.
In mittel- und besonders in spätbyzantinischer Zeit tritt als Baumaterial Ziegelsteine dazu. Neben einfachen Ein- und Mehrraumhäusern finden sich nun in den Siedlungen vermehrt Hofhäuser, Gebäude, bei denen die Räume um einen zentralen Hof unregelmäßig gruppiert wurden. Wie Beispiele aus Boğazköy, Amorium und Pergamon zeigen, können einige Räume durch Einbauten in ihrer Funktion und Nutzung näher spezifiziert werden.
Dr. habil. Beate Böhlendorf-Arslan, M.A.: Studium der Ur- und Frühgeschichte, Christlichen Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte sowie Vorderasiatischen Archäologie an den Universitäten Heidelberg, Tübingen und Istanbul. 1994 Magister in Tübingen mit der Arbeit „Die Byzantinische Siedlung auf dem Beşik-Tepe (Troas/Türkei)“ (publ. in der Studia Troica 7, 1997, S. 363-444 und in Patronus. Festschrift für Çoşkun Özgünel 2007, S. 37-44); 1999 Promotion in Heidelberg mit der Arbeit „Die glasierte byzantinische Keramik aus der Türkei“ (publ. im Zero Verlag, 2004). 2001-2007 Dozentin für Byzantinische Archäologie an der Universität Çanakkale / Türkei, 2005-2007 Abteilungsleitung Byzantinische Archäologie in Çanakkale. 2008-2010 Wiss. Mitarbeiterin in der Abt. Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte an der Universität Freiburg. 2011 Wiss. Mit. am Inst. für Baugeschichte Cottbus. 2012 Wiss. Ang. am RGZM Mainz, 2012-2013 Wiss. Ang. in der Abt. Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte an der Universität Mainz. Seit Oktober 2013 Wiss. Ang. (DFG) am RGZM Mainz mit dem Projekt „Die Entwicklung der Stadt Assos (Türkei) in der Spätantike und byzantinischen Zeit“. Habilitation 2015 mit einer Arbeit über „Die mittelbyzantinische Siedlung in Boğazköy. Fallstudie zum Alltagsleben in einem anatolischen Dorf zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert“.